International

Russlandsanktionen: Ein Überblick

Die EU hat ihre Sanktionen gegenüber Russland in mehreren Schritten massiv ausgeweitet. Bedingt durch die dynamische Situation gilt weiterhin, dass sich der Umfang der Sanktionen kurzfristig ändern kann.

BAFA-Merkblatt zum Außenwirtschaftsverkehr mit Russland

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat ein Merkblatt mit Stand 5. Dezember 2023 zum Außenwirtschaftsverkehr mit der Russischen Föderation veröffentlicht. Es soll eine Übersicht über die Handelsbeschränkungen sowie die Finanzsanktionen im Rahmen der von der Europäischen Union (EÙ) gegen die Russische Föderation verhängten Embargo-Regeln geben.

No-Russia-Klausel in Verträgen

EU-Exporteure sind ab 20. März 2024 verpflichtet, den Re-Export sensibler Güter nach Russland oder zur Verwendung in Russland vertraglich zu untersagen (sog. No-Russia-Klausel). Betroffen sind folgende Güter: Luftfahrzeuge und -zubehör (Anhang XI), Flugturbinenkraftstoffe (Anhang XX), Feuerwaffen (Anhang XXXV), bestimmte Güter aus den Kapiteln 84, 85, 88 und 90 (neuer Anhang XL ab Seite 281 der Änderungsverordnung). Ausgenommen sind Exporte in folgende Länder (gemäß Anhang VIII): USA, Kanada, Vereinigtes Königreich, Australien, Neuseeland, Japan, Südkorea, Norwegen, Schweiz. Die EU-Kommission hat am 22. Februar 2024 in ihren FAQs zu den Russland-Sanktionen Leitlinien und Musterklauseln veröffentlicht.

Mögliches Einfuhrverbot im Bereich Eisen- und Stahlprodukte / Nachweispflichten

Mit der Verordnung (EU) 833/2014 sind Beschränkungen gemäß Art. 3g für Eisen- und Stahlerzeugnisse zum 30. September 2023 in Kraft getreten. Es ist verboten, die in Anhang XVII der VO (EU) Nr. 833/2014 aufgeführten Eisen- und Stahlerzeugnisse unmittelbar oder mittelbar in die Union einzuführen oder zu kaufen, wenn sie in einem Drittland unter Verwendung von Eisen- und Stahlerzeugnissen mit Ursprung in Russland verarbeitet wurden.
EU-Unternehmen müssen zum Zeitpunkt der Einfuhr einen Nachweis über das Ursprungsland der Eisen- und Stahlvorprodukte vorlegen, die für die Verarbeitung des Erzeugnisses in einem Drittland verwendet wurden.
Nach Anhang XXXVI (Artikel 3g) zählen Schweiz, Norwegen und Vereinigtes Königreich zur den Partnerländern für Einfuhren von Eisen und Stahl. Für Einfuhren aus diesen Ländern besteht keine Nachweispflicht

Welche Waren sind betroffen?

 Das Verbot betrifft Produkte aus Anhang XVII der Russland-Embargoverordnung (s. Seite 191 ff.):
  •     Eisen- und nicht legierter Stahl (KN-Code 7206 bis 7217)
  •     Nicht-rostender Stahl (KN-Code 7218 bis 7229)
  •     Waren aus Eisen oder Stahl (Kapitel 73)
  •     Für Waren des Codes 7207 11 gilt das Verbot ab 1. April 2024, für Waren der Codes 7207 12 10 und 7224 90 ab 1. Oktober 2024.

Sind Transportbehältnisse aus Eisen oder Stahl betroffen?

Auf ihrer Internetseite stellt die Zollverwaltung klar:
Transportbehältnisse aus Eisen oder Stahl, die ausschließlich zu Beförderungszwecken verwendet werden, sind nicht von den Einfuhrverboten umfasst.

Welche Nachweise sind möglich?

Die Zollverwaltung hat auf ihrer Website einen Hinweis auf mögliche Nachweise und weiterführende Informationen veröffentlicht.
Demnach würden folgende Dokumente anerkannt, sofern der nicht-russische Ursprung der Vorprodukte daraus hervorgeht:
Neben den Mill Test Certificates, die von der EU-Kommission als Nachweis vorgeschlagen werden, gibt der Zoll folgende Handelspapiere als möglichen Nachweis an:
  • Rechnungen
  • Lieferscheine
  • Qualitätszertifikate
  • Langzeitlieferantenerklärungen
  • Kalkulations- und Fertigungsunterlagen
  • Zolldokumente des Ausfuhrlandes
  • Geschäftskorrespondenzen
  • Produktionsbeschreibungen
  • Erklärungen des Herstellers
  • Ausschlussklauseln in Kaufverträgen
Entscheidend ist, dass der nicht-russische Ursprung der Vorprodukte daraus ersichtlich wird.
Das Vorhandensein des Nachweises wird durch die Anmeldung der Unterlagencodierung Y824 in der Zollanmeldung erklärt. Die Nachweise sind laut der Zollverwaltung für die Zollbehörden bereitzuhalten. Vorzulegen ist er, wenn die Zollstelle es im Einzelfall verlangt.

Welche Codierungen sind bei der Zollanmeldung zu verwenden?

  • Mit der Codierung Y824 in der Einfuhranmeldung wird mitgeteilt, dass der geforderte Ursprungsnachweis vorliegt.
  • Mit der Codierung Y859 in der Einfuhranmeldung wird mitgeteilt, dass die angemeldeten Güter nicht dem Einfuhrverbot unterliegen, weil sie entweder
    • in einem Drittland (außerhalb Russlands) bis zum 23. Juni 2023 hergestellt wurden (unabhängig vom Ursprung der verwendeten Vorprodukte) oder
    •  vom Unternehmen im Drittland (außerhalb Russlands) bis zum 23. Juni 2023 bezogen oder bezogen und verarbeitet wurden.
  • Mit der Codierung L139 wird mitgeteilt, dass eine Einfuhrgenehmigung gemäß Artikel 3 g Abs.7 der VO (EU) Nr. 833/2014 des Rates, erteilt wurde. 
Die bei der Einfuhranmeldung zu verwendenden Codierungen sind in der ATLAS-Info 0508/23 sowie im Handbuch für Ausfuhrgenehmigungen, Genehmigungscodierungen, elektronische Abschreibung (S. 67 ff.) veröffentlicht. Die obige Klarstellung erfolgt auf der Internetseite der Zollverwaltung.

Vorsicht beim Verkauf über die Ladentheke

Für bestimmte Luxusgüter gilt im Zusammenhang mit Russland ein umfassendes Verkaufs- und Lieferverbot. Bei Verkäufen über die Ladentheke greift das Verbot dann, wenn die Anschrift des Kunden bekannt und diese in Russland ist.

Welche Waren sind betroffen und wie können sich Einzelhändler absichern?

Zum Kreis der vom Verkaufsverbot erfassten Luxusgüter gehören neben PKW und Motorrädern zum Beispiel auch bestimmte Lebensmittel, Kosmetika, Kleidung, Schmuck und Handtaschen mit einem Wert über 300 Euro, aber auch Elektroartikel für den Haushalt: Waren also, die häufig im Ladengeschäft über die Theke verkauft werden. Es gelten je nach Produktart unterschiedliche Wertgrenzen.
Die Regelung und die vollständige Liste finden Sie in der Verordnung (EU) 833/2014:
  • die Regelung zu den Luxusgütern in Artikel 3h und
  • die vollständige Liste der Luxusgüter in Anhang XVIII.
Einzelhändler sollten ihr Verkaufspersonal auf diese Regelung hinweisen und die o.g. Listen der verbotenen Luxusgüter mit den jeweils gültigen Wertschwellen vorhalten. Stellt sich zum Beispiel beim Ausfüllen des Ausfuhrkassenzettels heraus, dass die Anschrift des Abnehmers in Russland ist, dann ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob die fragliche Ware vom Luxusgüterembargo erfasst ist.
Achtung: Ist dem Verkäufer bekannt, dass die Anschrift des Kunden in Russland ist und handelt es sich um eine Ware aus dem Kreis der verbotenen Luxusgüter, dann ist der Verkauf verboten.

Ein Überblick über die Beschränkungen

Die EU hat ihre Sanktionen gegenüber Russland in mehreren Schritten massiv ausgeweitet. Eine Zusammenfassung der einzelnen Sanktionsverordnungen finden Sie in unserem Artikel “Russlandsanktionen der EU: Die einzelnen Sanktionspakete”. An dieser Stelle möchten wir Ihnen eine Überblick über die Beschränkungen geben.
Die Sanktionen gegen Russland umfassen unter anderem:
  • Listung russischer Banken. Einschränkung der Refinanzierungsmöglichkeiten von Staatsunternehmen und strategischer Branchen auf dem EU-Finanzmarkt.
  • Ausschluss einzelner russischer Banken aus dem SWIFT-System.
  • Beschränkung der Konvertierbarkeit der Devisenreserven der russischen Zentralbank
  • Listung von russischen Personen und Unternehmen. Diese sind unter anderem in der Finanzsanktionsliste der EU (Fisalis) enthalten. Die Sanktionsliste sieht eine Sperre von Aktiva, Kreditverbote sowie ein EU-Einreiseverbot vor.
  • Verbot der Lieferung von Dual-Use-Gütern nach Russland mit wenigen Ausnahmen.
  • Transitverbot für Dual-Use-Güter durch russisches Staatsgebiet.
  • Schlüsseltechnologien: Ausfuhrverbot unter anderem von Halbleitern und High-Tech-Gütern mit wenigen Ausnahmen, bestimmte elektronische Bestandteile, Ausgangsstoffe für energetische Materialien, Ausgangsstoffe für chemische Waffen, optische Bestandteile, Navigationsinstrumente sowie im Verteidigungssektor verwendete Metalle und Schutzausrüstung. Keine Ausnahmen bei militärischer Nutzung oder für die Verwendung im Energiesektor.
  • Verbot unterstützender Dienstleistungen wie technischer Unterstützung und Finanzierung für diese Güter.
  • Energiesektor: Ausfuhrverbote betreffen Technologien, die für den Ausbau der Erdölraffinerien benötigt werden.
  • Transportsektor: Verbot des Verkaufs jeglicher Luftfahrzeuge, Ersatzteile und entsprechender Ausrüstung.
  • Luxusgüter: Ausfuhrverbot, Verkaufsverbot (auch bei Verkäufen über die Ladentheke)
  • Flugturbinenkraftstoffe: Ausfuhrverbot
  • Güter aus verschiedenen Segmenten (Anhang XXIII): Ausfuhrverbot.
  • Visapolitik: Diplomaten und verwandte Gruppen sowie Geschäftsleute werden keinen privilegierten Zugang mehr zur Europäischen Union haben.
  • Sperrung des EU-Luftraums für russische Flugzeuge.
  • Der Straßengütertransport in der EU ist für in Russland registrierte Kraftverkehrsunternehmen verboten. Beförderungsverbot auf in Russland zugelassene Anhänger und Sattelanhänger. Es gibt Ausnahmen für wenige Güter. Die zuständige Genehmigungsbehörde ist in Deutschland das BAFA. Die Antragstellung erfolgt durch den Ausführer über das ELAN-K2-System. Anfragen zum Transportverbot und zu Ausnahmegenehmigungen sind an die Adresse embargo-transport@bafa.bund.de zu richten.
  • Einfuhrverbote in die EU von Stahl und bestimmten Stahlerzeugnissen aus den Kapiteln 72 und 73. Einführung einer Nachweispflicht bei Einfuhr über den Ursprung von Vormaterialien gelisteter Eisen- und Stahlerzeugnisse ab 30. September 2023 (siehe oben).
  • Einfuhrverbote von Gütern, die Russland erhebliche Einnahmen einbringen, zum Beispiel Kaviar, Holz (das komplette Kapitel 44), Kraftpapier und Pappe, Düngemittel, Glas, Schiffe sowie Bohr- und Förderplattformen, Gold und Schmuck sowie Diamanten.
  • Kritische Infrastruktur in der EU: russische Staatsangehörige und Personen mit Wohnsitz in Russland dürfen keine Leitungsposten bekleiden.
  • Verbot, Gasspeicherkapazitäten für russische Personen und Organisationen zur Verfügung zu stellen.
  • Sanktionen gegen russische Medien

Prüfschema – Güterlieferungen nach Russland

Der Güterbegriff umfasst grundsätzlich Waren, Software und Technologie. Rechtsgrundlage ist die Embargoverordnung (EU) 833/2014, die seit Februar 2022 durch mehrere Änderungsverordnungen ergänzt worden ist. Es bietet sich an, mithilfe der konsolidierten Fassung der Verordnung zu prüfen. In die konsolidierte Fassung sind alle Änderungsverordnungen eingearbeitet.
Unabhängig von den Detailregelungen empfehlen wir bei Geschäften mit Russland (und Belarus) neben einer grundsätzlichen Markteinschätzung zunächst zu prüfen,
  • ob die am geplanten Geschäften Beteiligten in Russland (Belarus) von den Sanktionen erfasst ist. Hilfreich dafür sind die Finanzsanktionsliste der EU, die EU Sanctions Map und die SDN-Liste der USA.
  • ob Zahlungen überhaupt noch ankommen. Sowohl der Ausschluss russischer Banken aus dem SWIFT-System als auch die russischen Verbote von Devisentransfers erschweren dies deutlich. Hierzu kann die kontoführende Bank genauere Auskünfte geben.
  • bei Warenlieferungen: ob und wie ein Transport möglich ist, insbesondere nachdem russische und belarussische Speditionen Güter in der EU nicht mehr befördern dürfen.
Die IHK Region Stuttgart und die IHK Düsseldorf haben zu den EU-Sanktionen gegen Russland ein unverbindliches Prüfschema „Russlandembargo für Güterlieferungen (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 24 KB)“ erstellt. Aufgrund der neuen und umfangreichen Sanktionen der EU gegen Russland kann das Schema als Hilfestellung verwendet werden.

Weiterführende Informationen

  • Auf der Website des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA):  Häufig gestellte Fragen zu den Sanktionsmaßnahmen.
  • Auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK): Häufig gestellte Fragen zu Russland-Sanktionen.
  • Auf der Website der EU-Kommission: Guidance Dokumente für Unternehmen. Eine Sammlung häufig gestellter Fragen zu verschiedenen Themen, unter anderem zum Umgang mit dem mittelbaren Bereitstellungsverbot. Die Sammlung wird kontinuierlich erweitert.
  • Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) informiert online und unter der Telefonnummer 06196 908-1237 zu den Sanktionen.
  • Auf der Website der Deutschen Bundesbank: Finanzsanktionen: Häufig gestellte Fragen.